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Römerlager Wilkenburg


Foto: Römer AG Leine (RAGL)

Irgendwie waren sie alle in der Gegend: Die Dinosaurier, die Römer, die napoleonischen Truppen… Wenn sich eure Kinder für Geschichte und die Römer begeistern, könnte ihnen Wilkenburg gefallen. Denn dort wurden die Reste eines großen Römerlagers aus dem ersten bis fünften Jahrhundert n. Chr. freigelegt und einige Teile der Anlage rekonstruiert, so dass man nicht nur auf einem Feld steht und seine Fantasie bemühen muss, sondern auch ein paar Dinge gezeigt bekommt.

Die Römer-AG-Leine ist sehr rührig und bietet kostenlose Führungen und Vorträge an. Schaut mal auf der Website, was gerade geplant ist. Auf der Seite findet ihr auch detaillierte Informationen zur Anfahrt mit dem PKW oder den Öffis.

www.roemerlager-wilkenburg.org

Die Römer-AG-Leine erhebt erst ab einer gewissen Gruppenstärke eine kleine Gebühr für die Führungen und freut sich immer über Spenden für ihre Aerbeit.

Und was machten die Römer am Deister? Bei Velleius Paterculus finden wir Informationen zum Bellum Immensum, dem Gewaltigen Krieg, den die Römer mit den Germanen in der Zeit von 1 - 5 n. Chr. führten, und in den anhand der gefundenen Münzen das Lager Wilkenburg zu datieren ist. Somit war höchstwahrscheinlich der spätere Kaiser Tiberius selbst vor Ort. Kriegerische Auseinandersetzungen fanden allerdings in Wilkenburg nicht statt, sondern eher diplomatische Verhandlungen mit den hier ansässigen germanischen Cheruskern. Und über das Lagerleben unter Tiberius berichtet Velleius: "Solange der germanische und der pannonische Krieg dauerten, war keiner von uns, ob von höherem oder niederem Rang, jemals krank, ohne dass sich Tiberius Caesar um seine Gesundung und Wiederherstellung gekümmert hätte, und zwar mit solcher Anteilnahme, als ob er, der mit größten Lasten überhäuft war, keine anderen Sorgen hätte. Ein angespanntes Fuhrwerk war bereit für alle, die es haben wollten, seine Sänfte stand allen zur Verfügung (wie viele andere habe ich sie benutzen können.) Seine Ärzte, seine eigene Küche, eine Badeeinrichtung, die man eigens für ihn allein mitführte - alles stand zur Heilung jedes Kranken zur Verfügung." (Velleius Paterculus, Römische Geschichte, II, 114)

Nicht nur in Wilkenburg, auch vor und nach dem dortigen Aufenthalt waren die Römer am Deister aktiv, wie Funde und antike Autoren belegen. In den Annalen von Tacitus, einem römischen Historiker und Schriftsteller, werden Schlachten mit den Germanen erwähnt, darunter auch die am Angrivarierwall, die 16 n. Chr. stattgefunden haben soll. Dieser Schutzwall könnte bei Springe gelegen haben, so eine Theorie. Die entsprechende Textstelle bei Tacitus lautet übersetzt folgendermaßen:

„Zuletzt suchten sie sich einen Kampfplatz aus, der vom Fluss und Wald umschlossen war und in dem sich eine schmale sumpfige Fläche befand. Auch um das Waldgebiet zog sich ein tiefer Sumpf, nur eine Seite hatten die Angrivarier durch einen breiten Damm erhöht, der die Grenzlinie zu den Cheruskern bilden sollte."

Für die Übersetzung geht mein Dank an Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Angrivarierwall und ohne Frau Hagemann von der Römer-Leine-AG wäre hier auch nicht so viel zu lesen gewesen.

Münzfunde nördlich vom Deister, von Wennigsen bis Hannover, belegen, dass die Römer wirklich um den Deister unterwegs waren. Angeblich soll der alte Nienstedter Kirchweg von Nienstedt nach Barsinghausen früher ‚Römerweg‘ gehießen haben, was nahelegen würde, dass die Römer sogar durch den Deister gingen, aber das ist nur eine Legende, denn die Karte, auf der dieser Name verzeichnet gewesen sein soll, ist verschollen.

Wer solche römischen Münzen sehen möchte, der kann den Silberfund von 1902 vom Gelände der ehemaligen Franzburg in Gehrden im Landesmuseum in Hannover bestaunen oder Kopien der 30 Denare in Gehrden im Heimatmuseum besichtigen. Die Münzen stammen aus zwei Jahrhunderten, die jüngsten wurden unter Augustus geprägt.

Und ein letztes Wort zu den Truppen Napoleons, falls jemand bei dem Begriff ‚Napoleon‘ aufgehorcht hat: Napoleons Bruder Jérome Bonaparte verbrachte während seiner Regentschaft einige Zeit in Bad Nenndorf, wie Moritz von Kaisenberg auf S. 244 in seinem Buch König Jerome Napoleon unterhaltsam schildert.

Von Kaisenberg echauffiert sich über die laxe Moral des Königs während seines Aufenthalts in Bad Nenndorf. Hier ein Link zu Google Books für diejenigen, die alt genug sind, um die alten Druckbuchstaben zu entziffern:

books.google.de/PA244napoleon+deister

 

02/2022